Mein Weg führt mich immer wieder ins Gebirge.
Denn Berge sind stille Meister.
Der Weg ins Gebirge ist immer wieder auch ein Weg zu mir.
Dabei kann ich immer wieder „Weg-Markierungen“ entdecken.
-> Der Eintritt
Die Wege ins Gebirge gleichen immer einem Eintritt in eine andere Welt...
in einen Raum, der durch die Atmosphäre der Grenzbegegnung,
die Bewegung des Übersteigens und Überschreitens und
einer gewissen Zeitlosigkeit und veränderter Raumdimension geprägt ist.
Diesen Raum erlebe ich oft als eine "atmosphärische" Wahrnehmung:
- die Erfahrung der sonderbaren Stille
- die Schau in eine wundersame Weite
- das Abtauchen in eine erfüllte Leere
-> Das Gehen
Gehen heißt auch Aufbrechen, sich in Bewegung setzen.
Gehen in ganz verschiedenen Rhythmen.
Gehen im Gebirge – meist ein Steigen – ist ein Weg,
der oft nur mit großen Umwegen und Abweichungen zum Ziel führt.
Ständiges Auf und Ab, viele Unebenheiten, Windungen und Ausweglosigkeiten prägen den Weg – wie im normalen Leben.
Gehen ist wie Leben.
-> Der Aufstieg:
Gehen und Aufsteigen will ich bewusst wahrnehmen.
Vor dem Erreichen der Höhe steht meist ein langer beschwerlicher Durchstieg der Waldregion:
- reduzierter Blick
- verhüllte Landschaft
- schattige Wege, verborgener Himmel
- oft eintönige Wege, Hoffnung auf Lichtung, Blicköffnung
Doch irgendwann lichtet sich der Wald – jenseits der Baumgrenze:
- besonderer Augenblick -> Ausblicke
- hier beginnt das Gebirge
- neue Schwelle, die uns zur Stille und Leere des Hochgebirges führt
- Zeit zum Schauen nehmen, der weitende Himmel, veränderte Formen und Farben, Zeitenthobenheit
-> Das Atmen:
Beim Aufstieg verändert sich der Atem.
Er wird kürzer, schneller, mühsamer.
Rhythmus des Atmens bewusst wahrnehmen
Atmen als Meditation. Leben ist Atem.
-> Die Sehnsucht
Der Berg weckt Sucht nach gelingendem Leben,
was zuerst nur als pures Er-Leben wahrgenommen wird.
-> Die Stille:
Sie ist in den Bergen oft ungeheuer gegenwärtig und raumerfüllend.
Die Entdeckung der Stille ist eine der eindrucksvollsten Erfahrungen auf dem Weg ins Gebirge.
Der Aufstieg ist ein langsamer Übergang aus der sich stetig verändernden Natur in die hochalpine Landschaft, in der das Tempo still steht.
Hier ist Zeit augenblicklich und ewig zugleich.
Das ist der Weg in das sonderbar Stille der Berge.
Auch Weg in das tiefe Schweigen der Seele.
Freimachen vom Denken des Bilderstroms und Entleerung der Seele.
-> Die Weite:
Von der Eingeengtheit des Alltags loseisen und den Weg nach oben wählen, der ein Aufatmen erst ermöglicht.
In den Bergen kann man Loslassen von einengenden Verpflichtungen, man kann frei durchatmen – tief durchatmen.
-> Der Gipfel:
Geschafft ! Der Gipfel ist erreicht. Das Steigen hat ein Ende.
Auf- und Durchatmen.
Phantastische Aussicht – Weitsicht !
Empfindung des Glücks, stille Zufriedenheit, Stolz, Überheblichkeit, Freiheit, Leere ?
Stilles Plätzchen suchen – sich der Stille überlassen.
Nehme meinen Atem wahr – mich – atme Lebensenergie ein.
Am Gipfel grenzen Erde und Himmel aneinander – Augenblick, an dem man sich der irdischen Welt enthoben fühlt.
Der Gipfel ist das Ende der Materie – beim Aufstieg ist man der Materie entstiegen – am Gipfel könnte man sie endgültig verlassen.
Loslösen vom Ballast „erdhafter“ Begrenzungen – Entmaterialisierung am Gipfel.
Der Gipfel ist der Höhepunkt der Wanderung, nicht aber das Ziel.
Nach dem Gipfel-Erlebnis verblasst das Gefühl der Unbeschwertheit und Entgrenztheit.
Man wird wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, zurück ins Leben
–> der Abstieg.
Nach der Freude kommt ein Gefühl der Traurigkeit, der Leere.
Doch das schafft Motivation für neue Gipfelerlebnisse.
Der Gipfelsieg ist ein Zeichen, dass die rein irdische Begrenzungen überwunden werden können.
-> Die Einsamkeit:
Auf dem Weg durchs Gebirge gibt es irgendeinen Punkt, an dem wir der Einsamkeit begegnen – jeder wird Art und Weise und Zeitpunkt ganz verschieden wahrnehmen.
Die ersten Stunden im Gebirge
Der Aufstieg
Die drückende Last
Die Ausgesetztheit der Landschaft
Die gewaltige Stille der Bergwelt
Nach Erreichen des Gipfels
Am Gipfel sind wir am Höhepunkt, am Endpunkt und doch müssen wir wieder absteigen, heimkehren, neu anfangen im alten Leben.
Der Gipfel gewährt uns nur Momente als Angekommene.
-> Die Erschöpfung:
Der Aufstieg mobilisiert unsere Energie stärker als der Abstieg.
Die Aussicht auf Entspannung und Erholung führt uns zurück zum Ausgangspunkt.
Ermüdung, Eintönigkeit im Kopf macht sich breit – das große Ziel fehlt ( wie oft im wahren Leben)
Jetzt heißt es durchhalten – wir haben die Gewissheit, dass wir unser Ziel erreichen werden und dass das Leben noch viele schöne Blicke eröffnet auf die großen Berge und kleinen reizvollen Dinge am Wegesrand.
-> Das Ziel:
Das Ziel ist das Ankommen.
Die Wegziele sind nur am Beginn bestimmbar.
Unterwegs werden sie uneindeutiger, veränderlich und wortlos.
Der Weg hat ein Ziel, nur liegt es vielleicht nicht dort, wo es anfangs vermutet wurde.
Zwischen Weggehen und Ankommen gibt es viele Türen.
Kein anderer Weg gleicht dem Lebenslauf so wie
der Weg durchs Gebirge.