Dem Ennsfluss 100km aufwärts folgend, fahre ich heute morgen nach Gstatterboden. Hier, mitten im Gesäuse bei der Hubertuskapelle, starte ich kurz vor 9 Uhr meine heutige Tour. Leider etwas später als geplant, aber das frühe Aufstehen am Wochenende fällt oft nicht leicht.
Durch den morgendlichen Nebelwald geht's fast eine Stunde einer Forststraße entlang aufwärts.
Als ich die Hörantalm erreiche, lichtet sich der Nebel.
Hier kann ich erstmals mein heutiges Bergziel erkennen.
Die ersten Sonnenstrahlen lassen die Feuchtigkeit regelrecht verdampfen.
Hinter mir der Gstatterstein und die Planspitze.
Ich verlasse die schöne Hörantalm und ...
steige durch herbstlichen Mischwald...
meinem kaum näherrückenden Bergziel entgegen.
Im Osten erblicke ich die Tieflimauer, die ich nächstes Jahr über den Teufelssteig erklimmen möchte.
Unter mir das immer wieder beeindruckende Nebelmeer.
Vorbei am Butterbründl...
entdecke ich kurz nach einer Jagdhütte
Fußspuren im Schnee.
Hier am Landlereck auf 1500m treffen mehrere Wanderwege zusammen.
Nach 2,5 Stunden erreiche ich dann die Ennstalerhütte (1544m).
Nach kurzer Rast setze ich meinen Weg fort.
Leider passiert mir dabei ein Missgeschick.
Denn ungeachtet der Tafeln folge ich weiter den Fußspuren und einer gut ersichtlichen Wandermarkierung.
Zunächst eben, dann leicht absteigend durch einen Wald.
Erst nach 10-15 Minuten und ca.100 abgestiegenen Metern packte ich meine Karte aus und musste feststellen, dass ich einem fast parallel verlaufenden, aber falschen Weg gefolgt bin.
Zurück wollte ich nicht mehr, also nahm ich die Diritissima nach oben.
Oje Gestrüpp. Ich sah mich schon wieder - ähnlich wie letzte Woche - durchs Latschendickicht kämpfen.
Zum Glück war der "Latschenwald" nicht ganz so dicht wie am Mayrwipfel.
Nach dennoch hart erkämpften 250hm treffe ich auf 1700hm wieder auf den Normalweg.Schon ziemlich ausgepowert schleppe ich mich noch bis auf 1840m Sh.
Dann blicke ich auf die Uhr und muss feststellen, dass es schon halb2 war.
Da ich mir aber keinen Stress machen wollte, entschied ich hier besser umzukehren.
Schon etwas frustrierend ... weil der Gipfel schon zum Greifen nahe war.
Aber wie musste sich erst Gerlinde K. am K2 gefühlt haben, als sie 200hm unter dem Gipfel wieder absteigen musste.
Man bekommt eben nicht immer das was man will.
Manchmal erfordert es mehr Mut(Weisheit) abzubrechen und umzukehren, als weiterzukämpfen.
Es ist nicht sinnvoll etwas erzwingen zu wollen, was sich nicht erzwingen lässt.
Es war halt noch nicht an der Zeit für mich, dort ganz oben am Gipfel zu stehen.
Am Himmel zog während meiner Rast ein Grauschleier auf, der keine Sonnenstrahlen mehr durchließ.
Das erleichterte meine Entscheidung umzukehren.
Auch die Schneebedingungen waren nicht die besten.
Für Wanderschuhe zuviel, für Schneeschuhe oder Skitourengeher zu wenig bzw. zu nasser Schnee.
Zurück bei der menschenleeren Ennstalerhütte, wo ich im Aufstieg den falschen Weg genommen habe.
Heute begegnete ich den ganzen Tag keiner einzigen Menschenseele und dennoch fühlte ich mich nie allein.
Ich war in der Natur – bei mir – meiner Natur – ganz bei mir.
Endlich Selbstbestimmung.
Keiner der einem vorschreibt wie, wo oder wann man zu gehen hat.
So schön Partnerschaft auch sein kann, so schön ist es wieder seinen eigenen Weg gehen zu können.
Worte nicht mehr auf eine Waagschale legen zu müssen, kompromisslos denken, fühlen und handeln können wie man es für richtig empfindet, das sind Vorzüge des Singledaseins, die ich seit kurzem wieder nützen kann.
Man spürt sich selbst wieder besser, ist sich selbst bewusster – selbstbewusster, autonomer, von niemanden abhängig. Man kann trödeln oder laufen, sich durchs Dickicht schlagen, kämpfen oder abbrechen und umkehren - wann immer man will.
Oft lasse ich bei meinen Bergtouren Gedanken kreisen und ziehe Parallelen zum Leben.
Hinfallen, Scheitern oder sich verlaufen ist keine Schande, solange man nicht liegen bleibt oder aufgibt.
Wichtig ist die Neuorientierung, um zum Weg zurückfinden.
Zum Weg, der dich zu dir selbst zurück bringt.
Rückblickend hatte ich - trotz Nichterreichen des geplanten Gipfelzieles - ein gutes Gefühl. Schließlich ist der Weg das Ziel und von dem gab es heute genügend.
Nach gut 7 Stunden erreiche ich angenehm erschöpft und noch vor Anbruch der Dunkelheit meinen Ausgangspunkt in Gstatterboden. Nochmals betrachte ich dort eine schöne Wanderkarte.
Die hier von mir rot eingezeichnete "Variante Wolf " ist abenteuerlich, aber sicher nicht weiterzuempfehlen ;-)
Auch ein schönes Bild vom Tamischbachturm ist darauf zu sehen.
Was für ein Prachtberg.
Wie eine Pyramide ragt sein über 2000m hoher Gipfel in den Himmel.
Den muss man doch einmal bestiegen haben - finde ich.
Deswegen komme und versuche ich mich bestimmt wieder - keine Frage.
Zu allerletzt wie immer meine Wanderung im Kartenformat.
Den orangen Pfeilen bitte nicht folgen